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Gin Botanicals - Die Zutaten im Gin erklärt

Gin Botanicals - Lavendelblüten

Ohne Botanicals kein Gin

Ohne sie wäre Gin kein Gin: die Botanicals. Im Deutschen spricht man auch von Drogen oder Zutaten – und ohne diese wäre Gin nichts weiter als neutraler Agraralkohol. Sie sind das Herz und die Seele jeder Rezeptur, der kreative Ausdruck der Destillateur:innen. Während verschiedene Gin-Sorten sich in erster Linie durch ihre Herstellungsverfahren unterscheiden, sind es die Botanicals, die für den eigentlichen Geschmack verantwortlich sind. Ob durch Mazeration, Dampfinfusion oder Kaltverfahren extrahiert: die Auswahl, Qualität und Kombination der Botanicals definieren den Charakter eines Gins.

Die wichtigsten Botanicals im Gin – nach Relevanz

Wacholder (Juniperus communis)

Kein Gin ohne Wacholder. Laut EU-Verordnung muss der Wacholder geschmacklich im Vordergrund stehen – alles andere ist kein echter Gin. Die Beeren (eigentlich Zapfen) bringen harzige, waldige, leicht süßliche Noten mit, die an Piniennadeln und getrocknete Käuter erinnern. Je nach Herkunft (z. B. Italien, Balkan, Himalaya) und Reifegrad variiert die Aromatik von fruchtig-warm bis scharf-bitter. Die Destillation mit frischen oder getrockneten Beeren beeinflusst Intensität und Tiefe.

Koriandersamen (Coriandrum sativum)

Nach Wacholder das am häufigsten verwendete Botanical. Koriandersamen bringen eine zitrusartige Frische mit einem Hauch von Pfeffer und Nussigkeit. Sie verstärken die Wacholdernote und sorgen für eine harmonische Struktur im Destillat. Besonders beliebt ist marokkanischer oder osteuropäischer Koriander.

Zitrusfrüchte (Zitronen, Orangen, Limetten, Grapefruit, Yuzu)

Zitrusfrüchte liefern Frische, Leichtigkeit und Helligkeit. Zitronenschale bringt spritzige Noten, Orange eher süßliche Wärme. Grapefruit verleiht eine herbe, fast florale Bitternote, während Limetten tropisch-frisch wirken. Yuzu, eine asiatische Spezialität, kombiniert Zitrone und Mandarine zu einem sehr eleganten Aroma. Verwendet werden üblicherweise die Schalen (frisch oder getrocknet).

Angelikawurzel (Angelica archangelica)

Ein "Fixierer" unter den Botanicals. Die Wurzel bringt erdige, leicht moschusartige Noten mit und stabilisiert das Aromabild. Sie verbindet die flüchtigen Zitrusöle mit dem harzigen Wacholder und sorgt für Balance. Besonders beliebt ist die ungarische und deutsche Angelika.

Kardamom (Elettaria cardamomum)

Kardamom bringt eine wärmende Exotik ins Spiel: eukalyptusartige Frische, kombiniert mit süßlich-würzigen Noten. Grüner Kardamom ist komplexer als der schwarze und harmoniert hervorragend mit Zitrus und Koriander. Besonders in New Western Gins findet man Kardamom als zentrales Element.

Zimt (Cinnamomum verum / cassia)

Zimtstangen oder Cassia-Rinde liefern warme, süßlich-scharfe Aromen. Echter Ceylon-Zimt ist feiner, während Cassia-Zimt intensiver und erdiger schmeckt. Zimt gibt Tiefe und Struktur, besonders in winterlichen Gins oder solchen mit orientalischer Ausrichtung.

Pfeffer (Schwarz, Rosa, Kubeben, Sichuan)

Pfeffer bringt Schärfe, Frische und Struktur. Schwarzer Pfeffer ist klassisch warm und erdig. Rosa Beeren (nicht echter Pfeffer) wirken floral und fruchtig. Kubebenpfeffer aus Indonesien hat eine mentholartige Kälte. Sichuanpfeffer hingegen betäubt die Zunge leicht und bringt ein zitroniges Prickeln. Ein tolles Mittel für Tiefe und Komplexität.

Ingwer (Zingiber officinale)

Ingwer sorgt für eine trockene, wärmende Schärfe. Je nach Verarbeitungsart (getrocknet, frisch, kandiert) ändert sich die Aromatik deutlich. Ingwer verbindet sich gut mit Zitrus, aber auch mit floralen oder exotischen Komponenten. Ein Klassiker in modernen, asiatisch inspirierten Gins.

Paradieskörner (Aframomum melegueta)

Auch "Guineapfeffer" genannt, bringen sie eine pfeffrige, aber auch zitrusartige Schärfe mit leichtem Kardamom-Touch. Verwendet u. a. in Tanqueray und anderen klassischen Rezepturen. Sie geben Biss, ohne zu überlagern.

Lavendelblüten (Lavandula angustifolia)

Florale Leichtigkeit mit Hang zur Seife: Lavendel ist ein sensibles Botanical. In kleinen Dosen kann er einem Gin eine wunderbar duftige Note geben, bei Überdosierung kippt er jedoch schnell ins Parfümierte. Besonders in Kombination mit Zitrone, Rosmarin oder Thymian sehr wirkungsvoll.

Hibiskusblüten (Hibiscus sabdariffa)

Hibiskus sorgt für eine säuerliche Fruchtigkeit und eine rötliche Farbe, wenn er stark extrahiert wird. Oft genutzt in pinkfarbenen oder "Botanical Gins". Geschmacklich zwischen Cranberry und Rhabarber einzuordnen, bringt Hibiskus eine gewisse Frische.

Rosmarin (Rosmarinus officinalis)

Ein typisches Mittelmeerkräutlein, das frische, harzige Wärme in den Gin bringt. Rosmarin ist dominant, daher vorsichtig zu dosieren. Er harmoniert sehr gut mit Zitrone, Wacholder und Thymian.

Thymian (Thymus vulgaris)

Wie Rosmarin ein typischer Vertreter der garrigueartigen Aromen. Thymian ist würzig, krautig, manchmal leicht minzig. In Kombination mit Zitrus und floralen Noten entfaltet er eine sehr komplexe Tiefe.

Gurke (Cucumis sativus)

Obwohl meist nicht als echtes Botanical verarbeitet, hat die Gurke durch Hendrick's Gin Kultstatus erlangt. Sie bringt Frische und eine gewisse Kühle, wirkt aber nur schwer stabilisierbar in der Destillation. Wird daher oft als Infusion oder im Gin & Tonic eingesetzt.

Veilchenwurzel (Iris germanica)

Auch "Orris Root" genannt. Wird ähnlich wie Angelikawurzel als Fixateur eingesetzt. Sie bringt eine pudrige, leicht florale Note und stabilisiert die flüchtigen Aromen im Destillat. Ein Hauch Parfum, sehr elegant.

Fenchel & Anis (Foeniculum vulgare / Pimpinella anisum)

Diese beiden Botanicals bringen eine süßliche Lakritznote. Sie passen besonders gut zu herberen Gins mit vielen Wurzeln oder auch in Kombination mit Zitrus. In kleinen Dosen können sie ein interessanter Akzent sein.

Kamille (Matricaria chamomilla)

Kamille ist fein, floral, fast honigartig. Sie rundet ein Destillat ab und bringt eine angenehme Sanftheit mit sich. Ideal für floral betonte Gins oder als Unterton zu Wacholder und Zitrus.

Gin Botanicals als Garnitur im Gin & Tonic

Soll ich mir in meinen Gin & Tonic auch passende Botanicals machen? Schmeckt der Gin dann besser? Auch wenn Du sicherlich eine Vielzahl an Gin Botanicals als Geschenkset oder zum Eigenbedarf kaufen kannst, so stellt sich mir immer die Frage: Warum? Wenn ein Gin Rosen oder Lavendel nutzt, muss ich keinen Lavendel mehr hinzupacken. Oder ich muss ein Tonic nehmen, welches den Lavendel besser herausarbeitet. Oder ich will Lavendel im Gin & Tonic schmecken, obwohl er gar nicht da ist. Fair enough. Aber generell muss ich nicht das, was ohnehin schon da ist, auch nochmal "reinkippen". Das ist wie Hendrick's Gin mit Gurkentonic und frischer Gurke servieren. Etwas zu viel des Guten.

ABER: Smart und in Maßen eingesetzt, ist mit Botanicals durchaus etwas zu optimieren. Kommt ein Gin vielleicht besser daher, wenn wir ihm ein wenig frische Zitrusnoten durch eine Zitronenzeste geben? Oder eine Spalte Grapefruit, so dass der Saft im Mix einen fruchtigen Touch gibt? Klar. Alles ist erlaubt, solange es gut schmeckt.

Veröffentlicht am 02. 11. 2021
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